Grosse Getreideblattlaus (Macrosiphum avenae)

Getreideblattläuse

Puceron des céréales (franz.); cereal aphids (engl.)

Im mitteleuropäischen Raum leben regelmässig vier Arten auf Getreide und können durch Übervermehrung schädlich werden:

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Pterygota, Hemiptera, Homoptera, Aphididae (Röhrenläuse)

Getreideblattläuse saugen an Blättern und Ähren und entnehmen der Pflanze zuckerhaltige Assimilate. Überschüssige Nahrung wird in Form von Honigtau ausgeschieden. Auf diesen klebrigen Ausscheidungen siedeln sich schnell Schwärzepilze an. Die Getreideblattläuse können auch Viruskrankheiten übertragen, zum Beispiel das Gerstengelbverzwergungsvirus. Eine wichtige vorbeugende Bekämpfungsmassnahme ist die Förderung von Nützlingen durch ökologische Ausgleichsflächen und durch einen Nützlinge schonenden, chemischen Pflanzenschutz.

Grosse Getreideblattlaus (Sitobion avenae) WeizenAbb. 1. Die Grosse Getreideblattlaus (Sitobion avenae) ist häufig die dominierende Blattlausart an Weizen.

Grosse Getreideblattlaus (Sitobion (=Macrosiphum) avenae Fabr.)

Die grosse Getreideblattlaus ist häufig die dominierende Art und hat deshalb die grösste wirtschaftliche Bedeutung. Sie saugt an den Spelzen und der Spindel der grünen Ähren von Weizen, weniger häufig an Roggen, Gerste und Hafer. S. avenae ist nicht wirtswechselnd.

Schaderreger: Die ungeflügelten Imagines der grossen Getreideblattlaus sind breit, spindelförmig und 2 bis 3 mm lang (Obst und Paul 1993). Die braunen Fühler sind nahezu so lang wie der Körper (das dritte Fühlerglied ist etwas heller). Die Läuse sind gelblich bis grün oder rotbraun bis schwarz mit allen Übergängen (Dubnik 1991). Die Hinterleibsröhren (Siphonen) sind schwarz und sind etwa so lang wie 1/6 der Körperlänge. Die Beine sind bräunlich gefärbt, das Beinende ist dunkelbraun bis schwarz. Das farblose Schwänzchen (Cauda) ist kürzer als die Siphonen.
Die geflügelte Form ist dunkelbraun und ebenfalls 2 bis 3 mm lang. Der Hinterleib hat braune Seitenflecken und in der Mitte breite Querbänder. Fühler, Siphonen, Beine und Schwänzchen sind denjenigen der ungeflügelten Form ähnlich.

Lebenszyklus und Epidemiologie: Die Grosse Getreideblattlaus überwintert im Eistadium an Gräsern, Ausfallgetreide oder früh gesätem Wintergetreide. Eine Lebendüberwinterung scheint in Westeuropa ebenfalls möglich zu sein (Dubnik 1991). Aus den Eiern schlüpfen im Frühling die Stammmütter (Fundatrix), welche ungeschlechtlich (parthenogenetisch) Nachkommen gebären. Ab Mitte Mai erfolgt die Besiedlung der Getreidefelder, wo sie sich während der Vegetationszeit ausschließlich lebendgebärend vermehren. Bei Temperaturen über 20 °C, anhaltend trockenem Wetter und intensiver Sonneneinstrahlung zum Zeitpunkt der Milchreife vervielfältigt sich die Anzahl Läuse rasch: Innerhalb von 30 Tagen kann die Population um das 40 bis 50 fache zunehmen.
Ab Mitte Juni erscheinen die ersten geflügelten Formen. Sobald das Getreide reif wird, wechseln die geflügelten Läuse zu Wildgräsern (einjähriges Rispengras, Weidelgräser und andere) aber auch zu Ausfallgetreide oder Neuansaaten. Gegen Ende der Vegetationszeit findet in der Regel eine geschlechtliche Vermehrung statt. Die befruchteten Weibchen legen schwarz gefärbte Eier an Gräser oder Getreidepflanzen, wo die Eier dann überwintern.

Abb. 2. Die Grosse Getreideblattlaus saugt an Ähren und Blättern von Weizen.

Hafer- oder Traubenkirschenblattlaus (Rhopalosiphum padi L.)

Die Hafer- oder Traubenkirschenblattlaus ist in Mitteleuropa sehr häufig und besiedelt alle Getreidearten sowie viele Gräser. Sie ist ein bedeutender Virusüberträger. R. padi ist wirtswechselnd.

Schaderreger: Die ungeflügelten Imagines sind oval, olivgrün und 1.8 bis 2.3 mm lang (Dubnik 1991). Die Fühler reichen bis zur Körpermitte. Die schwarzen Hinterleibsröhren (Siphonen) sind gegen das Ende hin verjüngt und haben eine Krempe an der Öffnung. Zwischen den Hinterleibsröhren und an deren Basis ist ein rostroter Fleck erkennbar.
Kopf, Hinterleibsröhre, Brust und Beinende der geflügelten Tiere sind schwarz.

Lebenszyklus und Epidemiologie: R. padi überwintert im Eistadium an der gemeinen Traubenkirsche (Prunus padus) und dem Zwergmandelstrauch (Prunus nana) (Dubnik 1991). Eine Lebendüberwinterung an Wintergetreide kommt in Westeuropa in milden Wintern häufig vor. Im Frühling schlüpfen aus den Eiern die Stammmütter (Fundatrix), die ungeschlechtlich (parthenogenetisch) Nachkommen gebären. Später entstehen geflügelte Tiere, welche auf das Getreide wechseln. Bevorzugt werden zuerst untere, vegetative Teile (auch Wurzelhals) der Pflanzen besiedelt. Später wandert R. padi zu den Ähren. Die Vermehrungsrate von R. padi ist hoch (lebendgebärend). Aufgrund von Übervermehrung kommt es zur Bildung von geflügelten Läusen, die verschiedene Gräser, später auch Ausfallgetreide oder Neuansaaten besiedeln. Ab Mitte Oktober entstehen Weibchen (Ovipare), welche Eier an Knospen Astlöcher, Rindenrisse und anderen Stellen der Traubenkirsche usw. ablegen.

Bleiche Getreidelaus (Metopolophium dirhodum Walk.)

Die bleiche Getreidelaus findet man vorwiegend an den Blättern. Diese Blattlausart ist wirtswechselnd und überwintert an Rosen. Sie hat eine geringe wirtschaftliche Bedeutung.

Bleiche Getreideblattlaus (Metopolophium dirhodum) Weizen
Bleiche Getreideblattlaus (Metopolophium dirhodum) WeizenAbb. 3. Bleiche Getreideblattlaus (Metopolophium dirhodum)

Schaderreger: Die ungeflügelten Imagines haben eine länglich ovale Körperform und sind 1.9 bis 2.8 mm lang (Dubnik 1991). Sie sind auffallend weisslich und haben einen dunkelgrünen Mittelstreifen auf dem Rücken. Die Länge der Fühler entspricht etwa ¾ der Körperlänge. Die hellen Hinterleibsröhren (Siphonen) sind etwa doppelt so lange wie das Schwänzchen.
Die Brust der geflügelten Tiere sind hellbraun, die Beinenden dunkelbraun. Das Stirnprofil hat einen deutlichen Mittelhöcker. Der Hinterleib ist ohne Zeichnung.

Lebenszyklus und Epidemiologie: M. dirhodum überwintert im Eistadium an Wild- und Gartenrosen (Dubnik 1991). Im Frühling schlüpfen die Stammmütter, die sich ungeschlechtlich (parthenogenetisch) vermehren. Mit der Zeit entstehen geflügelte Tiere, die zu den Gräsern wechseln. Die bleiche Getreideblattlaus besiedelt untere Blattpartien, vorwiegend deren obere Blattseite. Sie kann häufig auch an Mais gefunden werden. Die Oviparen legen ihre Eier an Wild- und Gartenrosen.

Maisblattlaus (Rhopalosiphum maidis Fitch.)

Die Maisblattlaus ist weltweit einer der bedeutendsten Schädlinge des Mais. Man findet sie aber auch häufig an Getreide. R. maidis kann in Mitteleuropa nicht überwintern und wandert alljährlich aus südlichen Ländern ein (Dubnik 1991). Dabei müssen die Blattläuse sehr grosse Distanzen überwinden.

Schaderreger: Die Larven der ungeflügelten Form sind grau-grün gefärbt und haben einen schwarzen Fleck an der Basis der Hinterleibsröhren; die Adulten sind dunkelgrün bis blauschwarz (Dubnik 1991). Der Körper ist länglich oval und 2 bis 2.6 mm lang. Die Fühler sind halb so lang wie der Körper. Die schwarzen, kurzen Hinterleibsröhren haben einen ausgestülpten Rand.
Der Kopf, die Brust, die Fühler und die Hinterleibsröhren der geflügelten Läuse sind schwarz, der Hinterleib grau-grün bis dunkelgrün mit dunklen Flecken an der Seite (Dubnik 1991). Das Schwänzchen ist kurz und dunkel gefärbt.

Lebenszyklus und Epidemiologie: Die Maisblattlaus erscheint etwa ab Mitte Juni. Sie besiedelt zunächst überwiegend die Hühnerhirse (Echinochloa crus-galli) und die Borstenhirse (Setaria pumila). Es werden immer die jüngsten noch eingerollten Blätter besiedelt. Ab August wandert die Maisblattlaus zum Ausfallgetreide, zum Mais oder ab Oktober zum Wintergetreide. Auf Mais findet man die Maisblattlaus auf den unteren Blättern und später auch in den Blütenständen.

Wirtspflanzen

Getreideblattläuse besiedeln alle Getreidearten und Mais. Viele Gräser sind ebenfalls Wirtspflanzen. Die Hafer- oder Traubenkirschenblattlaus überwintert an der Traubenkirsche, die bleiche Getreideblattlaus an Rosen.

Schadwirkung

Getreideblattläuse saugen an Ähren und Blättern der Getreidepflanzen und entnehmen ihnen zuckerhaltige Assimilate aus den Siebröhren (Phloem). Dadurch entsteht je nach Zeitpunkt der Besiedelung, der Dichte und der Dauer ein mehr oder weniger hoher Ertragsverlust. Ein Ährenbefall führt zu höheren Verlusten als ein Blattbefall.
Die Blattläuse scheiden überschüssige Nahrung in Form von sogenanntem Honigtau aus. Auf diesen klebrigen Ausscheidungen siedeln sich schnell Schwärzepilze an, welche die Assimilation der Pflanze erheblich beeinträchtigen.
Die Getreideblattläuse übertragen auch Viruskrankheiten: zum Beispiel das Gerstengelbverzwergungsvirus (barley yellow dwarf virus, BYDV) (Obst und Paul 1993), das vor allem durch S. avenae und R. padi übertragen wird .

Bekämpfung

Literatur

Agridea, 2021. Datenblätter Ackerbau. AGRIDEA, CH-8315 Lindau (Bekämpfungsschwellen)

Bockus WW, Bowden RL, Hunger RM, Morrill WL, Murray TD, Smiley RW, 2010. Compendium of wheat Diseases and Pests. Third edition. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 171 p.

Dubnik H, 1991. Blattläuse: Artenbestimmung – Biologie – Bekämpfung. Verlag Th. Mann, D-4650 Gelsenkirchen-Buer: 120 S.

Obst A, Paul V, 1993. Krankheiten und Schädlinge des Getreides. Verlag Th. Mann: 184 S.

Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A und Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.