Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans)

Kraut- und Braunfäule der Tomaten

mildiou de la tomate (franz.); late blight (engl.)

wissenschaftlicher Name: Phytophthora infestans (Mont.) de Bary

Taxonomie: Chromista, Peronosporomycetes (früher Oomycota oder Oomycetes), Peronosporales, Peronosporaceae

Die Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) kann eine ernsthafte Bedrohung für die Tomatenproduktion in Folientunneln und im Freiland sein. Besonders wenn die Tomaten bei kühlen Temperaturen, langen Regenperioden, hoher Luftfeuchtigkeit oder Taubildung angebaut werden. Die Kraut- und Braunfäule bei Tomaten geht in der Regel von befallenen Kartoffelbeständen aus. Sie verursacht braune Blattflecken und scharf begrenzte Flecken an den Stängeln und Blattstielen. Auf der Blattunterseite bildet sich ein grauweisser Pilzrasen, bestehend aus Sporangienträgern und Sporangien. Letztere können zu Neuinfektionen führen. Als vorbeugende Massnahme wird empfohlen, Tomaten nicht in der Nähe von Kartoffeln anzubauen, Tomaten mit einer Folie abzudecken und die Wetterseite abzuschliessen (empfohlen für die Haus- und Kleingärten) um die Blätter trocken zu halten.

Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) an Tomaten
Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) an Tomaten Abb. 1. Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) an Tomaten: Auf der Blattunterseite bildet sich ein grauweisser Pilzrasen.

Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) an Tomaten Abb. 2. Kraut- und Braunfäule (P. infestans) befällt auch die Stängel und Früchte.

Abb. 3. Kraut- und Braunfäule (P. infestans) an Tomaten

Schadbild

Die Kraut- und Braunfäule kann alle oberirdischen Teile der Tomate befallen (Jones et al. 2014; Koike et al. 2007). Die ersten Symptome auf den Tomatenblättern sind unregelmässig geformte, blassgrüne, wässrige Flecken, die sich schnell zu grossen, braunen bis grauen Blattflecken entwickeln. Bei feuchter Witterug bildet sich auf der Blattunterseite der Flecken ein grau-weisser Pilzrasen, der sich meistens am Übergang vom abgestorbenen Gewebe zum noch gesunden Blatt bildet (Abb. 1 unten).
Die Flecken auf den Stängeln und Blattstielen sind grau-braun und scharf vom gesunden Gewebe abgegrenzt (Abb. 1, 2 und 3).
Der Krankheitserreger kann sehr schnell die ganze Pflanze besiedeln, die Pflanze verfärbt sich braun, welkt und stirbt ab.
An befallenen Früchten erscheinen grosse, unregelmäßig geformte Flecken von grün-brauner bis dunkelbrauner Farbe (Abb. 2 und 3). Typischerweise geht der Befall der Früchte meist vom Kelch aus. Die Flecken sind tief verhärtet und haben oft eine runzelige Oberfläche (Schwarz et al. 1990). Ältere Infektionsstellen können von sekundären Fäulniserregern befallen werden und verfaulen.

Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans): Sporangienträger mit Sporangien
Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans): SporangienAbb. 4. Sporangienträger (oben) und Sporangien (unten) von Phytophthora infestans

Beschreibung des Krankheitserregers

Phytophthora infestans ist heterothallisch und benötigt zwei verschiedene Paarungstypen (A1 und A2), um sich sexuell zu vermehren (Koike et al. 2007). Bei der geschlechtlichen oder sexuellen Fortpflanzung kommen die beiden Paarungstypen miteinander in Kontakt und es bilden sich diploide Dauersporen, die sogenannten Oosporen (Durchmesser 24-46 µm) (Jones et al. 2014). Oosporen sind dickwandig und können lange auf abgestorbenem Pflanzenmaterial oder frei im Boden überleben. Die Oosporen keimen mit Hilfe eines Keimschlauches mit einem endständigen Sporangium.
Die ungeschlechtliche (asexuelle) Vermehrung erfolgt durch die Bildung von Sporangien, welche an verzweigten Sporangienträgern gebildet werden, die aus den Spaltöffnungen wachsen (Abb. 4). Die Sporangien sind zitronenförmig, 21-23 x 21-38 µm gross und besitzen mehrere Zellkerne (Jones et al. 2014). Sie keimen je nach Temperatur direkt mit einem Keimschlauch (18-24 °C) oder indirekt (8-18 °C) mit jeweils 3 bis 8 Zoosporen. Die Zoosporen besitzen einen Zellkern und sind seitlich gegeisselt.
P. infestans ist ein sehr komplexer Organismus. Während alle Isolate von P. infestans einem von zwei Paarungstypen (A1 und A2) angehören, gehören alle Individuen gleichzeitig zu einer Reihe verschiedener klonaler Linien, die ungeschlechtliche Nachkommen einzelner Genotypen sind. Vor den 1980er Jahren waren die verschiedenen Regionen der Welt hauptsächlich von P. infestans-Isolaten des Paarungstyps A1 besiedelt. Nach der Einführung des Paarungstyps A2 entstanden neue Linien, die sich in ihrer Resistenzen gegen Fungizide und ihrer Aggressivität gegenüber Tomaten und Kartoffeln unterschieden. Untersuchungen zeigen, dass nur wenige Isolate hoch virulent gegenüber Tomaten sind, während alle getesteten Isolate hoch virulent gegenüber Kartoffeln waren (Koike et al. 2007). Daher kann P. infestans in tomatenaggressive und nicht-tomatenaggressive Isolate unterteilt werden.

Lebenszyklus

Die Kraut- und Braunfäule an Tomaten geht in der Regel von befallenen Kartoffelbeständen aus (Schwarz et al. 1990). In seltenen Fällen erfolgt eine Primärinfektion durch bodenbürtige Dauersporen (Oosporen).
Der Krankheitserreger ist bei kühler, feuchter Witterung am aktivsten. Kühle Nächte und warme Tage (18-22 °C) bieten ideale Bedingungen für die Produktion von Sporangien (Jones et al. 2014). Diese werden in die Luft abgegeben und auf anfällige Pflanzen übertragen.
Die Keimung der Sporangien erfolgt unter warmen Bedingungen direkt durch die Bildung eines Keimschlauches oder unter kühlen Bedingungen indirekt durch die Bildung von beweglichen Zoosporen. Jede Zoospore kann mit Hilfe von zwei Geisseln mehrere Minuten in einem Wasserfilm auf der Pflanzenoberfläche schwimmen. Später wirft sie die Geisseln ab, entwickelt sich zu einer Zyste, keimt und bildet Haftorgane (Appressorien). Von dort dringt eine Penetrationshyphe durch die Kutikula in eine Epidermiszelle ein, wo der Parasit zunächst ein Infektionsvesikel bildet. Anschliessend wachsen zwischen den Pflanzenzellen verzweigte Hyphen, die fingerförmige Haustorien in die Nachbarzellen entsenden. Während dieser kurzen Phase im Lebenszyklus von P. infestans ernährt sich der Parasit von lebenden Zellen (biotroph). Später stirbt das befallene Pflanzengewebe und der Parasit nutzt die Nährstoffe der abgetöteten Pflanzenzellen (nekrotroph).
Ein auffälliges Merkmal von P. infestans ist die Geschwindigkeit mit der sich die Krankheit ausbreitet. Wenn die Bedingungen für den Erreger günstig sind, können bereits nach wenigen Tagen ganze Felder befallen sein.

Epidemiologie

Bei günstiger Witterung (18-22 °C) können die Symptome bereits drei Tage nach der Infektion auftreten (Jones et al. 2014). Während einer Anbausaison sind so mehrere ungeschlechtliche Zyklen möglich.
Temperaturen über 30 °C gelten als ungünstig für die Entwicklung von P. infestans, obwohl der Erreger höhere Temperaturen überleben kann.
Die Bildung von Sporangien erfordert hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von 10-24 °C.
Seit den Siebzigerjahren kommen in Europa beide Paarungstypen (A1 und A2) vor. Damit sind die Voraussetzungen für eine sexuelle Rekombination und die Bildung von Oosporen gegeben. Die genetische Vielfalt von P. infestans hat deshalb in den letzten Jahren drastisch zugenommen (Jones et al. 2014). Viele dieser neuen Stämme zeigen eine erhöhte Fitness und Resistenz gegenübner Fungiziden.

Wirtsspektrum

Die Kraut- und Braunfäule (P. infestans) ist eine gefährliche Krankheit der Freilandtomaten. Sie befällt auch Kartoffeln, Paprika, Auberginen und andere Nachtschattengewächse (einschliesslich Unkräuter wie Schwarzer Nachtschatten, Solanum nigrum).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Tomatenpflanzen nach Abschluss der Ernte entfernen und entsorgen
  • Abfallhaufen mit Kartoffelknollen oder Tomatenfrüchten sowie Kartoffel- und Tomatendurchwuchs beseitigen
  • Tomaten möglichst nicht neben Kartoffeln anbauen
  • Tomaten mit einer Folie überspannen und Wetterseite abschliessen (empfohlen für den Haus- und Kleingarten)
  • Resistente Sorten anbauen (Pflanzenschutzempfehlungen für den Biogemüsebau)
  • Sauberes, anerkanntes Saatgut verwenden: P. infestans ist samenbürtig, Saatgut kann Oosporen enthalten.
  • Für eine gute Durchlüftung des Bestandes sorgen. Dadurch wird ein rasches Abtrocknen der Pflanzen ermöglicht. Tomatenpflanzen nicht zu dicht pflanzen und überzählige Blätter und Triebe entfernen.
  • Beim Bewässern darauf achten, dass die Blätter möglichst trocken bleiben
  • Im Gewächshaus durch ausreichendes Lüften die Taubildung während der Nacht verhindern.
  • Der Einsatz von Fungiziden wird empfohlen, wenn das Wetter die Krankheitsentwicklung begünstigt. Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans) von Tomaten finden Sie für die Schweiz unter „Betriebsmittelliste für den biologischen Landbau in der Schweiz“ und Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel

Literatur

Jones JB, Zitter TA, Momol TM, Miller SA, 2014. Compendium of Tomato Diseases and Pests. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 168 p.

Koike ST, Gladders P, Paulus AO, 2007. Vegetable Diseases. A colour Handbook. Manson Publishing Ltd., 448 p.

Schwarz A, Etter J, Künzler R, Potter C, Rauchstein HR, 1990. Pflanzenschutz im integrierten Gemüsebau. Verlag Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale , 3052 Zollikofen, 321 S.

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