Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Rebenpockenmilben (Colomerus vitis)

Rebenpockenmilben oder Blattgallmilben

ériophyides de l’érinose (franz.); grape erineum mite, vine leaf blister mite (engl.)

wissenschaftlicher Name: Colomerus vitis (Pagenstecher)
Synonym: Phytoptus vitis, Eriophyes vitis

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Arachnida, Acari, Prostigmata, Eriophyidae

Die Gallmilbe Colomerus vitis ist der Erreger der Rebenpocken. Die Hauptsymptome dieser Krankheit sind das Auftreten von charakteristischen, aufgewölbten Blasen oder Blattgallen an der Oberseite der Blätter und die Entwicklung einer intensiven weissen Verfilzung auf deren Unterseite. Die Symptome sind zwar oft spektakulär, der wirtschaftliche Schaden ist hingegen meistens vernachlässigbar. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist nur ausnahmsweise notwendig.

Rebenpockenmilben (Colomerus vitis)Abb. 1. Rebenblätter mit Pocken oder Blattgallen, die durch Colomerus vitis verursacht vwurden.

Abb. 2. Symtome eines Befalls durch Rebenpockenmilben: Rötliche, später grüne aufgewölbte Blasen an der Blattoberseite; weisser (später bräunlicher) Filz an der Blattunterseite.

Schadbild

An der Blattoberseite erscheinen zunächst rötliche und später grüne aufgewölbte Blasen, die auch als Pocken oder als Blattgallen bezeichnet werden (Abb. 1 und 2). An der Unterseite entwickelt sich ein weisser oder rosafarbener Filz, der aus Pflanzenzellen besteht, die sich durch den Einfluss der Saugtätigkeit der Milben vergrössert haben. Dieser Filz gewährt den Milben Schutz vor Fressfeinden und bietet ihnen eine ideale Luftfeuchtigkeit für ihre Entwicklung. Mit der Zeit nimmt die Verfilzung allmählich einen bräunlichen Farbton an. In extremen Fällen kann die Verfilzung auch die Oberseite der Blätter, die Blütenstände und sogar die Blattstiele und Ranken betreffen. Die Blattpocken bleiben während der gesamten Vegetationszeit sichtbar. Diese in Europa vorherrschende pockenbildende Form (Biotyp) verursacht in der Regel keine wirtschaftlichen Schäden.
Ein zweiter Biotyp von C. vitis befällt die Knospen (knospenbewohnender Typ). Die Knospen werden im Wachstum gehemmt, sterben ab oder die neu gebildeten Triebe wachsen zickzackförmig und tragen deformierte Blätter. Dieser Biotyp verursacht keine Verfilzung an der Unterseite der Blätter.
Die Symptome des dritten Biotyps sind im Sommer sichtbar (blattrollender Typ). Die jungen Blätter an der Triebspitze rollen sich nach unten oder oben. Die Unterseite der Blätter ist zwar stärker behaart, aber (wie die Knospenform) ohne die Verfilzung, die die pockenbildende Form charakterisiert.

Beschreibung des Schädlings

Colomerus vitis ist etwa 0.16 bis 0.2 mm gross und hat wie alle Gallmilben nur zwei Beinpaare (Linder und Kuske, 2017). Die Weibchen sind weisslich und wurmförmig im Aussehen. Die Eier sind ebenfalls weisslich, länglich und messen nur 0.05 mm. Männchen sind selten, in manchen Regionen kommen sie (inklusive der Schweiz) gar nicht vor. Die Fortpflanzung erfolgt daher im Wesentlichen ohne Befruchtung (Linder et al., 2016). C. vitis durchsticht das Pflanzengewebe mit einem Saugstachel. Überwinternde Weibchen sind grösser als Sommerweibchen.
Der pockenbildende Biotyp von C. vitis ist in allen Weinbauregionen der Welt verbreitet und ist der Hauptbiotyp in Europa. In der Schweiz ist nur dieser Typ bekannt. Der knospenbewohnende Biotyp ist in Spanien und der blattrollende Typ sehr lokal in Ungarn und Rumänien vorhanden (Linder et al., 2016).

Lebenszyklus

Die Weibchen von C. vitis überwintern teilweise an der Basis der neuen Triebe, hauptsächlich aber unter den äußeren Schuppen der Knospen, die bis zu 300-400 Individuen beherbergen können (Linder et al., 2016). Zur Zeit des Knospenaufbruchs wandern die Milben in die jungen Triebe ein und besiedeln die ersten fünf bis acht sich entwickelnden Blätter. Die ersten Gallen erscheinen nach dem Austrieb und die Eier werden kurz darauf abgelegt. Die Entwicklung vom Ei, über ein Larven- und ein Nymphenstadium zum erwachsenen Tier dauert mindestens 12 Tage. Nachfolgende Generationen ziehen zu den sich entwickelnden jungen Blättern an den Triebspitzen. Blätter im mittleren Bereich der Triebe sind damit praktisch frei von Gallen. An den neu befallenen Blättern (an den Triebenden oder an Geiztrieben) bilden sich wieder Gallen. In der Regel werden während einer Vegetationsperiode 5-7 Generationen - in günstigen Klimazonen bis zu 10 Generationen - gebildet. Im Herbst kehren die Weibchen zu ihren Überwinterungsplätzen zurück.

Wirtsspektrum

C. vitis befällt die europäische Rebe (Vitis vinifera).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Raubmilben (z.B. Typhlodromus pyri) sind natürliche Feinde der Rebenpockenmilben. Diese Nützlinge können gefördert werden durch eine Neu-Ansiedlung oder durch das Tolerieren eines gemässigten Pockenmilbenbefalls, der eine wichtige Nahrungsgrundlage für die Raubmilben darstellt (Kühne et al., 2006).
  • In der Regel ist eine chemische Pflanzenschutzmassnahme nicht nötig, da die Pockenmilben keinen wirtschaftlich bedeutenden Schaden verursachen.
    In Ausnahmefällen können Pflanzenschutzmittel auf der Basis von Schwefel (Achtung: Schwefel schädigt auch die Raubmilben) oder mineralischen Ölen helfen (Andermatt Biocontrol).
  • Zugelassene Pflanzenschutzmittel gegen die Rebenpockenmilben finden sie für die Schweiz unter Agroscope und BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis; für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Verzeichnis der zugelassenen Pflanzenschutzmittel.

Literatur

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, 288 S.

Linder C, Kehrli P, Viret O, 2016. La Vigne, vol. 2. Ravageurs et auxiliaires. AMTRA, route de Duillier 50, 1260 Nyon: 393 S.

Linder C, Kuske S, 2017. Pockenmilbe (Colomerus vitis Pagenstecher). AMTRA, route de Duillier 50, 1260 Nyon

 

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.