Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Blutlaus (Eriosoma lanigerum)

Blutlaus

Puceron lanigère (franz.); woolly apple aphid (engl.)

wissenschaftlicher Name: Eriosoma lanigerum (Hausmann)

Taxonomie: Animalia, Arthropoda, Insecta, Pterygota, Hemiptera, Sternorrhyncha, Aphididae

Die Blutlaus (Eriosoma lanigerum) wurde aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt und ist inzwischen weltweit ein wichtiger Schädling des Apfelbaums. Die weiblichen, flügellosen Blutläuse überwintern als Larven (Nymphen) in der Rinde oder im Wurzelbereich. Während der Vegetationsperiode vermehren sich die Weibchen ohne eine Befruchtung durch die Männchen (parthenogenetisch). Die so entstehenden dichten Kolonien der Blutläuse sind aufgrund einer wachsartigen Ausscheidung als weisse, wollige Büschel leicht zu erkennen. Die Blutläuse saugen an den holzigen Teilen des Apfelbaumes und verursachen krebsartige Wucherungen und Deformationen der Rinde. In Europa können sich die Blutläuse nicht geschlechtlich fortpflanzen, da ihr Winterwirt, die Amerikanische Ulme (Ulmus americana), hier fehlt. Die Förderung von Nützlingen in der Obstanlage ist eine wichtige vorbeugende Bekämpfungsmassnahme.

Blutlaus (Eriosoma lanigerum) auf ApfelbaumAbb. 1. Blutläuse (Eriosoma lanigerum) bilden dichte Kolonien auf den holzigen Teilen des Apfelbaumes und sind als weisse, wollige Büschel erkennbar.

Blutlaus (Eriosoma lanigerum) an ApfelAbb. 2. Blutläuse besiedeln oft alte Schnittstellen, Krebswunden, beschädigte Stellen der Rinde, Neuaustriebe und vor allem Wassertriebe. 

Herkunft der Blutlaus

Die Blutlaus (Eriosoma lanigerum) stammt ursprünglich aus dem Osten Nordamerikas und ist mittlerweile weltweit ein Schädling des Apfelbaums (Sutton et al. 2014). Vermutlich ist dieses Insekt in Nordamerika von einheimischen Wirtspflanzen wie Weissdorn (Crataegus spp.) und Vogelbeerbaum/Eberesche (Sorbus aucuparia) auf den Apfelbaum übergegangen, als dieser in die Neue Welt eingeführt wurde. Über befallene Baumschulpflanzen verbreitete sich die Blutlaus anschliessend von Amerika aus in andere Apfelanbaugebiete der Welt. In der Schweiz ist sie seit 1870 bekannt (Bovey et al. 1979).

Abb. 3. Befall von Apfelbäumen durch Blutläuse (E. lanigerum)

Schadbild und Schadwirkung

Die Blutlaus (E. lanigerum) ernährt sich von Pflanzensaft, den sie hauptsächlich aus der Rinde der holzigen Teile, den Trieben, Schnittwunden, Ritzen und Wurzeln, jedoch niemals aus den Blättern, saugt (Bovey et al. 1979; Sutton et al. 2014). Die zum Teil grossen und dichten Kolonien sind als weisse, wollige Büschel schon von weitem leicht zu erkennen (Abb. 1-3).
Die Saugtätigkeit der Blutläuse führt zur Bildung von krebsartigen Wucherungen und Deformationen der Rinde (Kühne et al. 2006; Lohrer 2020).
Schadwirkung: Ein wiederholter Befall mit Blutläusen kann Jungbäume stark schädigen (Häseli 2024). Die durch die Blutläuse entstandenen Wucherungen können Eintrittspforten für pathogene Pilze wie die Gloeosporium-Fäulnis oder den Apfelkrebs (Nectria galligena) sein (Alford 2014). Die klebrigen wolligen Büschel können das Laub und die sich entwickelnden Früchte verunreinigen und stellen zur Erntezeit oft ein Ärgernis dar.
Blutläuse übertragen keine Apfelviren (Blackman und Eastop 2000).

Blutlaus (Eriosoma lanigerum) Apfel Abb. 4. Beim Zerdrücken der Blutläuse wird ein blutroter Saft freigesetzt

Beschreibung der Blutlaus (E. lanigerum)

Die ausgewachsenen lebendgebärenden (viviparen) und flügellosen Weibchen (Apterae) sind 1.2 bis 2.6 mm gross (Blackman und Eastop 2000). Die jungen Läuse sind zunächst leuchtend rostrot oder lachsfarben und sind frei von einer Wachsschicht. Sie nehmen jedoch schnell eine violette Färbung an und beginnen während der Nahrungsaufnahme eine dicke weisse, wollige (flockige) Wachsschicht auszuscheiden. Der englische Name «Wollige Apfellaus» bezieht sich auf diese Wachsausscheidungen.
Die Antennen sind sehr kurz; die Hinterleibsröhren (Siphonen) sind lediglich als kleine Öffnungen sichtbar und das Schwänzchen (Cauda) ist klein (Alford 2014). Werden die Blutläuse zerdrückt wird ein blutroter Saft freigesetzt (Abb. 4), daher der Name Blutläuse (Kühne et al. 2006).
Die geflügelten Blutläuse (Alatae) sind 1.8 bis 2.3 mm gross und haben einen rotbraunen Hinterleib.

Lebenszyklus

In Europa können sich die Blutläuse nicht geschlechtlich fortpflanzen, da die Amerikanische Ulme (Ulmus americana) hier fehlt oder nur vereinzelt in Parks vorkommt.
Die Blutlaus (E. lanigerum) überwintert als wachsfreie Nymphe auf Apfelbäumen, wo sie in Rindenritzen, unter loser Rinde oder im Wurzelbereich Schutz findet (Alford 2014; Graf et al. 1989; Kühne et al. 2006). Während kalter Winter ist die Sterblichkeit in der Regel recht hoch.
Ab Ende März werden die Nymphen aktiv und ernähren sich von Pflanzensaft, den sie aus der Rinde der Apfelbäume saugen. Die Blutläuse bilden dichte Kolonien aus flügellosen Weibchen, die sich ohne eine Befruchtung durch Männchen (parthenogenetisch) vermehren und lebende junge Läuse (keine Eier) gebären (vivipar) (Dubnik 1991). Die Vermehrungsfähigkeit ist enorm. Es gibt 10 bis 12 Generationen pro Jahr, und jedes Weibchen kann mehr als 100 Larven hervorbringen (Bovey 1979). Aufgrund der wachsartigen Ausscheidungen der Blutläuse sind die Kolonien als auffällige watteähnliche Büschel erkennbar.
Blutlauskolonien kommen hauptsächlich an den Trieben und Ästen vor, insbesondere an beschädigten Stellen der Rinde. Während der Sommermonate breitet sich der Befall auch auf den Neuaustrieb aus. Am stärksten befallen sind Wassertriebe, die aus dem Stamm oder den Hauptästen hervorgehen.
Im Juli entstehen einige wenige geflügelte Blutläuse. Diese können andere Apfelbäume befallen und sich parthenogenetisch fortpflanzen. Die natürliche Ausbreitung erfolgt jedoch hauptsächlich durch junge, flügellose Nymphen, die von Baum zu Baum wandern oder vom Wind verweht werden.
Im Herbst entstehen geflügelte Weibchen (Sexuparae), die männliche und weibliche Geschlechtstiere hervorbringen. Doch ohne die Amerikanische Ulme kann sich ihr Nachwuchs nicht entwickeln, sodass dieser Teil des Entwicklungszyklus in Europa wegfällt.
Die Blutläuse der letzten Generation überwintern im Larvenstadium.
Der Lebenszyklus in Amerika sieht wie folgt aus: Die Blutlaus (E. lanigerum) benötigt einen Winterwirt und Sommerwirte, um einen vollständigen Entwicklungszyklus zu durchlaufen. Als Winterwirt dient die Amerikanische Ulme (Ulmus americana), als Sommerwirte dienen Apfelbäume sowie andere verwandte Pflanzenarten.
Dort, wo die Amerikanische Ulme als Winterwirt zur Verfügung steht, überwintert die Blutlaus im Eistadium. Im Frühjahr schlüpfen die Jungläuse aus den Eiern und es entstehen mehrere Generationen von Blutläusen auf Ulmen. Im Frühjahr und Sommer entstehen geflügelte Formen (Alatae), die zu Apfelbäumen oder anderen Sommerwirten abwandern. Dort vermehren sie sich parthenogenetisch und bringen mehrere Generationen von flügellosen Formen hervor. Im Herbst entstehen in den Kolonien auf den Sommerwirten geflügelte Weibchen. Diese kehren zur Ulme zurück, bringen Geschlechtsformen (Männchen und Weibchen) zur Welt, die sich paaren und die Überwinterungseier legen.

Epidemiologie

Die Blutlaus gedeiht am besten bei moderaten Temperaturen und reagiert empfindlich auf sehr hohe Temperaturen (Sutton et al. 2014). Deshalb kann im Sommer oft ein Rückgang der Populationen beobachtet werden. Im Herbst besteht das Risiko eines erneuten Anstiegs der Populationen (Britt und Griesser 2000). Dieser Effekt wird zusätzlich durch die Aktivität der Nützlinge beeinflusst.

Wirtsspektrum

Die Blutlaus (E. lanigerum) ist weltweit ein wichtiger Schädling des Apfelbaums (Malus domestica). Seltener findet man sie auch auf Quitten (Cydonia oblonga), Weissdorn (Crataegus spp.), Steinmispeln (Cotoneaster spp.), Birnen (Pyrus communis) und Sorbus-Arten (Blackman und Eastop 2000).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Förderung von Nützlingen (Blutlauszehrwespen, Ohrwürmer, Florfliegen, Marienkäfer, Schwebfliegen etc.) durch das Anlegen von mehrjährigen Blühstreifen in der Obstanlage (Häseli 2024). Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die Nützlinge schädigen, sollte möglichst vermieden werden.
  • Biologische Bekämpfung mit der Blutlauszehrwespe (Aphelinus mali): Bereits ab 1922 wurde die Zehrwespe aus Nordamerika in die Schweiz eingeführt (Bovey et al. 1979). Die etwa 1 mm grosse Wespe legt etwa 60 Eier, jeweils eines pro Blutlaus. Die jungen Larven schlüpfen aus den Eiern und entwickeln sich im Inneren der Blutlaus. Die parasitierten Läuse sind aufgebläht, schwarz und weisen keine Wachsabsonderungen auf. Die voll entwickelte Zehrwespe verlässt die Blutlaus durch ein von ihr gebohrtes, rundes Loch. In unseren Breitengraden folgen im Sommer 6 bis 7 Generationen aufeinander.
    Die Wirkung der natürlich vorkommenden Population der Blutlauszehrwespe ist jedoch nicht überall ausreichend. Deshalb werden oft Triebe mit parasitierten Blutläusen im späten Herbst geschnitten und im Kühllager überwintert (die Zehrwespen müssen sich bereits in der Diapause befinden) (Kühne et al.2006). Im späteren Frühjahr werden die Triebe wieder in der Obstanlage ausgebracht.
  • Ohrwürmer können gefördert werden, indem man mit Holzwolle gefüllte Tontöpfe verkehrt in den Obstbäumen aufhängt. Diese dienen den Ohrwürmern als Unterschlupf (Kühne et al. 2006). Achtung: Ohrwürmer können auch die Äpfel schädigen!
  • Resistente Unterlagen und Sorten verwenden.
  • Entfernen von befallenen Ästen und Zweigen mit krebsartigen Wucherungen und Deformationen der Rinde.
  • Blutlauskolonien abbürsten oder mit einem Wasserstrahl abspritzen.
  • Leimringe am Stamm von jungen Bäumen verhindern, dass die Larven den Stamm hinauf- und hinunterwandern (Häseli et al. 2000).
  • In der Schweiz ist die Schadschwelle erreicht, wenn ab Ballonstadium (BBCH 59) bis zum Ende der Blüte (BBCH 69) auf 10-12 % von 100 Bäumen Kolonien von Blutläusen vorkommen, oder wenn ab Nachblütefruchtfall bis Ende August 10–12 % von 100 Langtrieben befallen sind (Egger et al. 2024).
  • Zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Blutlaus (Eriosoma lanigerum) finden Sie für die Schweiz unter Agroscope und im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW sowie für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit).

Literatur

Alford DV, 2014. Pests of fruit crops. A colour handbook, second edition. CRC Press, Taylor & Francis group: 461 S.

Blackman RL, Eastop VF, 2000. Aphids on the World’s Crops - An Identification and Information Guide. Second Edition. John Wiley & Sons Ltd.: 466 S.

Bovey R, Baggiolini M, Bolay A, Bovay E, Corbaz R, Mathys G, Meylan A, Murbach R, Pelet F, Savary A, Trivelli G, 1979. La défense des plantes cultivées. Éditions Payot Lausanne: 864 p.

Britt E, Giesser J, 2000. Die Vampire der Apfelbäume. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (10/2000): 24-27.

Graf B, Höhn H, Schaub L, Bloesch B, 1989. Blutlaus Eriosoma lanigerum (Hausmann). In: Revue Suisse de Viticulture, Arboriculture et Horticulture, Nr. 1/1994. Herausgeber: Schweiz. Zentrale für Obstbau Oeschberg, Koppigen und AMTRA Nyon, Merkblatt 205.

Dubnik H, 1991. Blattläuse: Artenbestimmung – Biologie – Bekämpfung. Verlag Th. Mann Gelsenkirchen-Buer: 120 S.

Egger B, Kambor J, Kuster T, Perren S, Schöneberg A, Bünter M, Stutz C J, Debonneville C, Dubuis PH., Gfeller A, Kehrli P, Linder C, Naef A, 2025. Pflanzenschutzempfehlungen für den Erwerbsobstbau 2024-2025. Agroscope Transfer, 514, 2024. (pdf)

Häseli A, Wyss E, Weibel F, Zingg D, 2000. Regulierung der Blutlaus im biologischen Apfelbau. Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (9/2000): 176-179.

Häseli A, 2024. Pflanzenschutz im Biokernobstanbau. Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Artikel Nr. 1016 (pdf).

Kühne S, Burth U, Marx P, 2006. Biologischer Pflanzenschutz im Freiland. Eugen Ulmer KG, 288 S.

Lohrer T, 2020. Pflanzenschutz - Einfach von A bis Z. Ulmer Eugen Verlag, 384 S.

Sutton TB, Aldwinckle HS, Agnello AM and Walgenbach JF, 2014. Compendium of Apple and Pear Diseases and Pests. Second edition, St. Paul, Minn. The American Phytopathological Society, 218 p.