Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Kronenrost (Puccinia coronata)

Haferkronenrost

rouille couronnée de l'avoine (fr.), oat crown rust (engl.)

Wissenschaftlicher Name: Puccinia coronata Corda var. avenae Fraser et Ledingham

Taxonomie: Fungi, Basidiomycota, Pucciniomycetes, Incertae sedis, Pucciniales, Pucciniaceae
früher: Heterobasidiomycetes, Uredinales, Pucciniaceae

Haferkronenrost (Puccinia coronata var. avenae) kommt weltweit in fast allen Anbaugebieten von Hafer vor, ausgenommen sind sehr trockene Regionen. In warmen, feuchten Anbaugebieten ist er die wirtschaftlich bedeutendste Krankheit des Hafers und kann den Ertrag um 10 bis 40 % vermindern. In der Schweiz tritt er vergleichsweise spät auf und verursacht nur selten grössere Ertragsverluste. Futterhafer kann hingegen im Spätsommer oft stark befallen sein.
Kronenrost ist ein wirtswechselnder Pilz mit vollständigem Lebenszyklus. Der Hauptwirt ist der Hafer und andere Avena-Arten (Flughafer), der Zwischenwirt ist der Kreuzdorn (Rhamnus cathartica).


Kronenrost (Puccinia coronata) HaferAbb. 1. Kronenrost (Puccinia coronata var. avenae) an Hafer (Uredolager mit Uredosporen)

Kronenrost (Puccinia coronata) Hafer
Kronenrost (Puccinia coronata) Hafer
Kronenrost (Puccinia coronata) HaferAbb. 2. Kronenrost (Puccinia coronata var. avenae) an Hafer

Schadbild

Die ersten Uredolager von P. coronata erscheinen ab Juli vorwiegend an der Ober- und Unterseite der Blätter (Abb. 1 und 2). Gelegentlich werden auch die Blattscheiden befallen. Die Uredolager sind klein (0.5 mm gross), rund bis oval und leuchtend orangefarben. Sie enthalten viele Uredosporen, die nach dem Aufbrechen der Epidermis vom Wind verweht werden.
Gegen Ende der Vegetationszeit entwickeln sich, vorwiegend an der Blattunterseite die Teleutosporenlager. Oft sind sie ringförmig um die Uredosporenlager angeordnet. Die Teleutosporenlager sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt, punkt- oder strichförmig und selten grösser als ein Millimeter. Zudem sind sie lange von der Epidermis bedeckt. In den Lagern befinden sich die zweizelligen Teleutosporen.

Krankheitserreger

Die Uredosporen (Abb. 3) sind rund bis oval (14-36 µm lang und 13-26 µm breit), feinstachelig und besitzen sechs bis zehn, kaum sichtbare Keimporen, die über die gesamte Oberfläche verteilt sind (Gäumann 1959). Am Rande der Lager sind unter dem Mikroskop keulenförmige, sterile Zellen (Paraphysen) erkennbar.
Die zweizelligen, knüppelförmigen Teleutosporen sind 29-64 x 14-20 µm gross (Abb. 3). Sie besitzen charakteristische, kronenförmige Fortsätze. Diese gaben der Art ihren Namen. Die Grösse und Form der Teleutosporen sind sehr variabel, da sie sich dem Raum in den subepidermalen Lagern anpassen. Am Rande der Teleutolager befinden sich wenige braune, palisadenartige Paraphysen.
Die Spermogonien wachsen im Zentrum gelblicher Flecken an der Oberseite der Blätter des Kreuzdorns (Rhamnus cathartica) (Abb. 4). Sie sind ins Pflanzengewebe eingesenkt, sind kugelig und messen etwa 80-100 µm im Durchmesser. Aus den Spermogonien wachsen bis zu 90 µm lange Empfängnishyphen. Die Spermatien sind einzellig.
An der Blattunterseite des Zwischenwirts entstehen auf gelbroten, angeschwollenen Flecken die Aecidien. Diese können auch an hypertrophierten, verkümmerten Blütenteilen und aus jungen Trieben hervorbrechen (Abb. 4). Die Aecidiosporen sind rundlich bis oval, 16-24 µm lang und 13-17 µm breit (Gäumann, 1959).

Abb. 3. Uredosporen (1-2), Paraphysen in den Uredolagern (3), Teleutosporen mit den typischen kronenförmigen Fortsätzen (4-5) sowie eine gekeimte Teleutospore mit Basidie und Basidiospore (6)

Abb. 4. Spermogonien mit Empfängnishyphen und Spermatien (1-2) sowie Aecidien mit Aecidiosporen (3-6) des Kronenrosts (Puccinia coronata) an den Blättern und Blattstielen des Kreuzdorns (Rhamnus cathartica)

Lebenszyklus

Kronenrost ist ein wirtswechselnder Rostpilz mit vollständigem Lebenszyklus: Während des Sommers wächst er an den Blättern des Hafers und bildet dort massenhaft Uredosporen, die wiederum den Hafer infizieren. Es kommt zu einer epidemieartigen Ausbreitung des Pilzes. Gegen Ende des Sommers entstehen, vorwiegend an der Blattunterseite, zahlreiche kleine schwarze Teleutosporenlager mit den Teleutosporen. Diese überwintern auf den abgestorbenen Blättern und keimen im Frühling mit Basidien. Die Basidien bilden nach einer Meiose je vier haploide Basidiosporen. Diese gelangen auf den Zwischenwirt, den Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), keimen und dringen direkt in das Blatt ein. An der Blattoberseite kommt es zur Bildung von Spermogonien, in denen Spermatien (früher als Pyknosporen bezeichnet) und Empfängnishyphen gebildet werden (Abb. 4). Nach der Befruchtung der Empfängnishyphen durch kompatible Spermatien entwickeln sich an der Blattunterseite Aecidien, in denen Aecidiosporen heranreifen (Abb. 3 und 4). Diese Sporen infizieren nun wiederum den Hauptwirt, den Hafer.
Auf dem Zwischenwirt können durch Genrekombinationen neue Rassen entstehen. Für die Züchtung von resistenten Hafersorten ist dies ein besonders wichtiger Aspekt.
Kronenrost ist in unserem Klima jedoch nicht unbedingt auf den Zwischenwirt angewiesen. Gäumann (1959) vermutet, dass er auch in Form von Uredosporen oder als Myzel in Ausfall-, Winter- oder Futterhafer überwintern kann. Zudem können jedes Jahr Uredosporen aus südlichen Regionnen mit dem Wind in die Schweiz oder nach Deutschland verfrachtet werden.

Epidemiologie

Eine Infektion durch Uredosporen gelingt nur, wenn während mehrerer Stunden ein Wasserfilm auf der Blattoberfläche vorhanden ist. Sonnige Tage (20-25 °C) und kühle Nächte (15-20 °C), mit ausgiebiger Taubildung über mehrere Wochen hinweg fördern deshalb die Rostentwicklung am stärksten. Wind ist zudem wichtig, um die Sporen zu verteilen und um neue Infektionen auszulösen.
Haferkronenrost ist eine wärmeliebende Rostart. Er ist deshalb vor allem in wärmeren Anbaugebieten die wirtschaftlich wichtigste Krankheit des Hafers. In der Schweiz tritt er relativ spät auf, meist erst kurz vor der Ernte und verursacht nur selten grössere Ertragsverluste. Futterhafer kann hingegen im Spätsommer oft stark befallen sein.

Wirtsspektrum

Puccinia coronata Corda. ist eine Sammelart, die alle Kronenroste (Teleutosporen mit kronenartigen Fortsätzen) mit Spermogonien- und Aecidienbildung auf Arten der Familie der Rhamnaceae umfasst. Man unterscheidet zwei Untergruppen: Eine benutzt Frangula alnus (=Rhamnus Frangula) als Zwischenwirt, die andere Rhamnus cathartica. Zu letzterer Untergruppe gehören unter anderem die Kronenroste von Hafer, Raigras und Schwingelarten.

Rostpilze verfügen über eine ausgeprägte Fähigkeit zur physiologischen Spezialisierung. Innerhalb einer Rostart gibt es formae speciales (f. sp.), welche jeweils nur bestimmte Pflanzenarten befallen. Gäumann (1959) unterscheidet bei P. coronata beispielsweise 14 verschiedene formae speciales (vier innerhalb der Rhamnus Frangula Gruppe, zehn innerhalb der Rhamnus cathartica Gruppe):

  • Die Puccinia coronata f. sp. avenae befällt den Hafer und einige andere Avena Arten (zum Beispiel auch Flughafer, Avena fatua)
  • Hauptwirte der P. coronata f. sp. lolii sind Lolium perenne, L. multiflorum und L. boucheanum. Gäumann (1959) erwähnt als Nebenwirte Dactylis glomerata, Festuca arundinacea, F. elatior (=F. pratensis), Holcus lanatus und Phleum pratense.

Eine weitere Spezialisierung innerhalb der formae speciales führt zu den physiologischen Rassen. Diese unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, Sorten oder sogar Einzelpflanzen, innerhalb einer Art zu befallen oder eben nicht zu befallen. Spezifische Gene des Rostpilzes bestimmen seine Virulenz und die Interaktion dieser Gene mit spezifischen Genen der Wirtspflanze bestimmt den Infektionstyp auf einer Pflanze oder Sorte. Anhand des Infektionstyps ausgewählter Wirtspflanzen können deshalb Rostrassen identifiziert werden.
Beim Kronenrost des Hafers (P. coronata f. sp. avenae) konnten 290 Rassen unterschieden werden (Michel und Simons 1977).

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Sorgfältiges Unterpflügen befallener Ernterückstände des Hafers
  • Flughafer ist ebenfalls eine Wirtspflanze des Haferkronenrosts und sollte deshalb bekämpft werden.
  • Hafer früh säen und frühreife, resistente Sorten wählen: Die Anfälligkeit der Hafersorten für Kronenrost ist zum Beispiel in der österreichischen beschreibenden Sortenliste angegeben.
  • Stark mit Kronenrost befallener Futterhafer früh schneiden.
  • Bei der Neuanlage von Hecken den Anbau von Kreuzdorn vermeiden. Eventuell Rodung der bestehenden Kreuzdornpflanzen.

Literatur

Gäumann E, 1959. Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz (Band XII): Die Rostpilze Mitteleuropas, Büchler und Co. 1407 S.

Michel LJ und Simons MD, 1977. Aggressiveness and virulence of Puccinia coronata avenae isolates, 1971-1975. Plant Dis. Reptr. 61, 621-625.