Titelbild Pflanzenkrankheiten - Schädlinge

Pflanzenkrankheiten und Schädlinge

Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)

Streifenkrankheit der Gerste

l'helminthosporiose de l'orge (franz.); barley stripe (engl.)

Wissenschaftlicher Name:
Hauptfruchtform (Teleomorphe = geschlechtliche Form): Pyrenophora graminea S. Ito & Kurib.
Nebenfruchtform (Anamorphe = ungeschlechtliche Form): Drechslera graminea (Rabenh. ex Schltdl.) S. Ito
Synonyme: Helminthosporium gramineum Rabenh. ex Schltdl.

Taxonomie: Fungi, Ascomycota, Pezizomycotina, Dothideomycetes, Pleosporomycetidae, Pleosporales, Pleosporaceae

Die Streifenkrankheit der Gerste ist weltweit verbreitet und zählt in Nordeuropa zu den gefährlichsten Krankheiten der Gerste. Der Erreger Drechslera graminea (=Pyrenophora graminea) wird ausschliesslich mit dem Saatgut übertragen. Das Pilzmyzel infiziert den Keimling und besiedelt später die gesamte Pflanze. Typische Krankheitssymptome sind parallel angeordnete, gelbe bis braune Streifen an den Blättern sowie die Bildung von braunen Ähren, die keine Samen oder nur Schrumpfkörner enthalten. Zur Zeit der Gerstenblüte bildet D. graminea Konidien, welche Blüten gesunder Pflanzen infizieren und die Kornanlagen befallen. Durch die Verwendung von gesundem Z-Saatgut oder eine Saatgutbeizung kann die Verbreitung der Krankheit weitgehend verhindert werden.

Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)Abb. 1. Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea): Die Ähren befallener Pflanzen sind braun, meist taub oder enthalten Schrumpfkörner. Sie fallen durch ihre aufrechte Haltung im Bestand auf.

Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)Abb. 2. Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea): parallel angeordnete, graubraune Streifen zwischen den Blattnerven

Abb. 3. Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea)

Schadbild

Die Streifenkrankheit der Gerste tritt immer nur an einzelnen Pflanzen auf, die zufällig im Gerstenbestand verteiltet sind. Eine flächenartige Ausbreitung im Bestand findet nicht statt. Erste Symptome erscheinen am zweiten oder dritten Blatt. Später zeigen auch die meisten neu erscheinenden Blätter die typischen, parallel angeordneten, gelben Streifen zwischen den Blattnerven (Abb. 2 und 3). Die Streifen entstehen an der Blattscheide und an der Basis der Blattspreite. Später breiten sie sich teilweise über die ganze Länge des Blattes aus und werden graubraun. Die Nekrosen wachsen zusammen und das Blatt kann absterben. Der Wind kann die Blätter aufschlitzen, so dass sie zerfranst aussehen.
Mit D. graminea befallene Gerstenpflanzen sind meist kleiner als gesunde Pflanzen und deren Ähren bleiben oft in der Blattscheide stecken. Geschobene Ähren sind gestaucht und braun (Abb. 1). Meistens sind sie taub oder enthalten nur Schrumpfkörner. Die Ähren fallen durch ihre aufrechte Haltung im Bestand auf (Abb. 1).

Krankheitserreger

Nebenfruchtform Drechslera graminea: Die hellbraunen Konidienträger entstehen in Gruppen zu 2 bis 6 Trägern (Abb. 4 und 5). Sie sind gerade oder gekrümmt und sind an der Basis oft angeschwollen. Ihre Länge beträgt bis zu 250 µm, die Breite 6-9 µm (Ellis 1971).
Die gelb-braunen Konidien sind gerade oder selten leicht gekrümmt, an der Basis oft am breitesten und am Ende leicht zugespitzt (Abb. 5). Sie besitzen 1-7 Pseudosepten, sind 40-105 µm lang und 14-22 µm breit, ihr Hilum ist 3-6 µm breit (Ellis 1971).
Ausgehend von der Basal- oder Endzelle werden sehr häufig kurze Konidienträger gebildet, an deren Ende sich eine Sekundärkonidie entwickelt. Die Keimung kann von allen Zellen der Konidie aus erfolgen.
Hauptfruchtform Pyrenophora graminea: Die geschlechtlichen Vermehrungsorgane, sogenannte Pseudothecien, werden in der Natur nur sehr selten beobachtet. Sie haben eine Länge von 576-728 µm und eine Breite von 442-572 µm (Mathre 1997). Die Fruchtkörper besitzen auf der Oberfläche Stacheln. Die Pseudothecien enthalten keulenförmige, bitunikate Asci mit normalerweise je 8 Ascosporen. Diese sind gelb-braun, oval und 43-61 x 18-28 µm gross (Mathre 1997). Die Ascosporen haben drei Quersepten und eine (oder beide) der zwei mittleren Zellen ist zudem mit einer (selten zwei) Längssepte unterteilt. Laut Mathre (1997) haben die Ascosporen keine Bedeutung für das Überleben des Pilzes.

Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea) Konidienträger mit Konidien
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea) Konidienträger mit KonidienAbb. 4. Drechslera graminea: Konidien auf Konidienträgern

Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea) Konidienträger und Konidie
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea) Konidien
Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera graminea) KonidienAbb. 5. Drechslera graminea: Konidienträger, Konidien

Lebenszyklus

Die Streifenkrankheit (D. graminea) überlebt von einer Gerstengeneration zur anderen als Myzel zwischen den Spelzen und der Frucht- und Samenschale. Sie wird ausschliesslich mit dem Saatgut übertragen. Während der Samenkeimung dringt der Pilz mit einer Infektionshyphe in die Keimwurzel ein. In der Folge entsteht ein Myzel, das in die jungen Blatt- und Halmanlagen wächst und nach und nach die ganze Pflanze befällt. Dabei wird das Pflanzengewebe intrazellulär (im Parenchym) oder interzellulär (im Meristem) durchwachsen. Die Besiedlung der Pflanze erfolgt auch über die Leitgefässe (Xylem). Die Infektion führt zu den typischen, streifenförmigen Blattnekrosen. Zur Zeit der Gerstenblüte, aber nur bei gleichzeitig feuchter Witterung, bildet D. graminea auf den Nekrosen der Blätter, Blattscheiden und Ähren massenhaft Konidien. Diese werden mit dem Wind auf die Ähren gesunder Gerstenpflanzen getragen, wo der Pilz in das Innere der Blüte eindringt. Der Samen kann während allen Entwicklungsstadien infiziert werden. Am erfolgreichsten ist der Pilz aber zu Beginn der Samenbildung. Er durchwächst die Frucht- und Samenschale. Der Embryo wird nicht infiziert. Im Samen kann der Parasit mehrere Jahre überleben. Die Streifenkrankheit der Gerste durchläuft pro Jahr nur einen Vermehrungszyklus.

Epidemiologie

Konidien von D. graminea können ausschliesslich Blüten infizieren. Eine Infektion der Blätter von gesunden Gerstenpflanzen findet nicht statt. Eine erfolgreiche Ausbreitung des Pilzes erfolgt unter folgenden klimatischen Bedingungen: Bodentemperaturen unter 12 °C fördern die Infektion der Keimlinge von mit D. graminea befallenen Samen, während Temperaturen über 15 °C eine Infektion hemmen (Mathre 1997).
Eine über mindestens 16 Stunden andauernde (bei 12 °C) hohe Luftfeuchtigkeit während der Blüte erlaubt dem Pilz, massenweise Konidien zu bilden und viele Blüten von gesunden Pflanzen zu infizieren.
Auch sortentypische Merkmale sind für den Verlauf der Krankheit wichtig: Saatgut mit einem hohen Tausendkorngewicht läuft schneller auf und der Keimling wird deshalb (trotz Befall) weniger häufig infiziert. Ein geschlossenes Abblühen kann eine Infektion des Samens weitgehend verhindern (Obst und Paul 1993).

Wirtsspektrum

Drechslera graminea ist ein hoch spezialisierter Erreger, der ausschliesslich Gerste (Sommer- und Winterformen) befällt.

Vorbeugende Massnahmen und Bekämpfung

  • Die Verwendung von Z-Saatgut aus gesunden Beständen ist die wichtigste vorbeugende Massnahme.
    In der Schweiz dürfen bei der Produktion von zertifiziertem Saatgut maximal zehn mit der Streifenkrankheit (D. graminea) befallene Ähren pro 100 m2 vorkommen (bei der Produktion von Vermehrungssaatgut fünf Ähren pro 100 m2) (Verordnung des WBF über Vermehrungsmaterial von Ackerpflanzen-, Futterpflanzen- und Gemüsearten, Anhang 3). Durch diese Massnahme kann eine Verschleppung der Krankheit über das Saatgut verhindert werden.
  • Früh im Herbst und spät im Frühjahr gesäte Winter- / Sommergerste läuft schneller auf. D. graminea hat hier weniger Zeit, den Keimling zu infizieren (Häni et al. 2008). Andere Krankheiten können sich allerdings bei früher Saat besonders gut ausbreiten, weshalb diese Massnahme nur mit Vorsicht anzuwenden ist. Auf jeden Fall sollte darauf geachtet werden, dass die Gerste schnell aufläuft.
  • Eine Saatgutbeizung kann die Streifenkrankheit der Gerste gezielt bekämpfen.
    Empfohlene und zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen die Streifenkrankheit der Gerste finden Sie für die Schweiz im Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit).

Literatur

Ellis MB, 1971. Dematiaceus Hyphomycetes. Commenwealth Mycological Institute Kew, Surrey England: 608 p.

Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A, Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.

Mathre DE, 1997. Compendium of Barley Diseases, Second Edition, APS Press: 90 S.

Obst A, Paul V, 1993. Krankheiten und Schädlinge des Getreides. Verlag Th. Mann: 184 S.

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