Weizenflugbrand
charbon nu du blé (franz.), loose smut of wheat (engl.)
Wissenschaftlicher Name: Ustilago tritici (Pers.) C.N. Jensen, Kellerm. & Swingle
Synonym: U. nuda f.sp. tritici (Schaffnit), U. segetum var. tritici (Pers.) Brunaud
Taxonomie: Fungi, Basidiomycota, Ustilaginomycetes, Ustilaginomycetidae, Ustilaginales, Ustilaginaceae
Mit Flugbrand (Ustilago tritici) befallener Weizen bildet anstelle der Ähren eine schwarze Masse aus Brandsporen (Brandähren). Die Brandsporen infizieren zur Zeit der Weizenblüte die sich entwickelnden Weizenkörner, in denen der Pilz während längerer Zeit im Embryo überleben kann. Werden infizierte Samen ausgesät, befällt der Pilz zunächst den Keimling und später die Ährenanlage. Flugbrände spielen bei der Saatgutproduktion eine wichtige Rolle und können im Falle eines Befalls schnell zur Aberkennung des Saatguts führen. Wird stark verseuchtes Saatgut ausgesät, hat dies hohe Ertragseinbussen zur Folge.
Abb. 1. Weizenflugbrand (Ustilago tritici): anstelle der Körner wird eine schwarze Masse aus Brandsporen gebildet.
Krankheitsbild
Die auffälligen Symptome dieser Krankheit erscheinen zur Zeit des Ährenschiebens: Anstelle von Ährchen werden schwarze Brandbutten (Sporenlager) gebildet (Abb. 1). Einzig die Spindel bleibt intakt.
Die befallenen Halme schieben in der Regel etwas früher, so dass die Brandähren die gesunden Pflanzen überragen. Zur Reifezeit des Getreides bleiben von den kranken Ähren nur die Spindeln übrig. Oft sind nicht alle Ähren einer Pflanze befallen und selten ist nur die untere Hälfte einer Ähre betroffen.
Beschreibung des Krankheitserregers
Ustilago tritici wächst als dikaryotisches Myzel zwischen den Zellen der Wirtspflanze und dringt bis in die Ähren vor. In den Samenanlagen zerfällt das Myzel und aus den einzelnen Myzelzellen entwickeln sich Brandsporen. Diese entsprechen den Teleutosporen der Rostpilze, sind kugelig und haben einen Durchmesser von 5-9 µm (Bockus et al. 2010). Die Wand ist braun und mit feinen Warzen ausgestattet (Abb. 2). Eine Hälfte der Brandspore ist heller als die andere.
Bei der sexuellen Fortpflanzung keimen die Brandsporen und es bildet sich nach einer Meiose (doppelter Chromosomensatz wird auf einen einfachen Chromosomensatz reduziert) je ein Basidium, das aus einer bis vier Zellen besteht (Agrios 1988). Jede Zelle des Basidiums bildet eine kurze, haploide Hyphe (es werden keine Sporidien/Basidiosporen gebildet). Zwei sexuell kompatible haploide Hyphen vereinigen sich paarweise (Bockus et al. 2010). Das neu entstandene dikaryotische Myzel besiedelt anschliessend den Fruchtknoten und später den Embryo.
Abb. 2. Brandsporen des Weizenflugbrandes (Ustilago tritici): Eine Hälfte der Brandspore ist heller als die andere.
Lebenszyklus
Das Myzel des Brandpilzes kann mehrere Jahre im Embryo des infizierten Getreidekorns überleben. Nach der Keimung des Saatguts wird der Pilz aktiv, infiziert den Keimling und verbreitet sich interzellulär in der wachsenden Getreidepflanze ohne dass äusserlich sichtbare Schadsymptome auftreten. Befallene Getreidepflanzen schieben die Ähren früher als gesunde Pflanzen und bilden statt Ährchen mit Blüten eine schwarze Masse aus Brandsporen. Diese werden mit dem Wind verbreitet und gelangen auf die Narben gesunder Weizenblüten. Dort keimen die Brandsporen und bilden durch sexuelle Fortpflanzung (siehe oben) ein Myzel, das den Fruchtknoten und später den Embryo besiedelt. Hier ruht das Myzel bis zur Aussaat.
Epidemiologie
Flugbrand ist eine rein samenbürtige Krankheit. Infiziertes Saatgut bildet denn auch die Hauptgefahr für eine weitere Ausbreitung der Krankheit. Infektionsquellen für gesunde Pflanzen sind Flugbrandpflanzen im Bestand oder in Nachbarfeldern. Sporenflug und Infektionen finden ausschliesslich während der Weizenblüte statt. Warmes Wetter und hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen die Infektion (Häni et al. 2008). Eine Infektion ist ab 12 °C möglich, optimal sind 18-25 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit von 80-100 % (Obst und Paul 1993). Geschlossen blühende Sorten sind weniger gefährdet als offen blühende Typen. Auch eine lange Blütezeit begünstigt eine erfolgreiche Infektion des Weizens. Eine Woche nach der Blüte ist eine Infekton des Fruchtknotens nicht mehr möglich (Bockus et al. 2010)
Wirtsspektrum
Der Weizenflugbrand (Ustilago tritici) befällt neben Weizen (Brot- und Hartweizen) auch Roggen und Triticale (Wilcoxson und Saari 1996). Der Gerstenflugbrand (U. nuda) ist eine andere Art und kann den Weizen nicht infizieren. Umgekehrt kann der Weizenflugbrand die Gerste nicht befallen.
Bekämpfung
- Durch die Verwendung von feldbesichtigtem, zertifiziertem Saatgut kann ein Befall weitgehend verhindert werden.
- Falls Saatgut aus eigenem Nachbau verwendet wird, ist Folgendes zu beachten: Saatgut nur aus befallsfreien, kontrollierten Beständen verwenden und Saatgut auf Brandsporen untersuchen lassen.
- In der Schweiz dürfen bei der Produktion von zertifiziertem Saatgut maximal fünf mit Flugbrand befallene Ähren pro 100 m2 vorkommen (bei der Produktion von Vermehrungssaatgut zwei Ähren pro 100 m2). Befallene Ähren dürfen nicht vor der Feldbesichtigung entfernt werden (Verordnung des WBF über Vermehrungsmaterial von Ackerpflanzen-, Futterpflanzen- und Gemüsearten, Anhang 3). Mit dieser Massnahme soll eine Verschleppung der Krankheit über das Saatgut verhindert werden.
- Früher war die Heisswasserbeizung praktisch die einzige Möglichkeit, den Flugbrand zu bekämpfen. Heute wird dieses Verfahren vor allem im biologischen Landbau angewendet. Nach Agrios (1988) wird das Saatgut zuerst fünf Stunden in 20 °C warmem Wasser vorgequellt. Dann lässt man das Wasser eine Minute lang abtropfen, taucht es für eine Minute in 49 °C heisses Wasser und anschliessend für genau elf Minuten in 52 °C heisses Wasser. Anschliesend wird das Saatgut sofort in kaltem Wasser abgekühlt und getrocknet.
- Eine Saatgutbehandlung mit systemischen Fungiziden kann den Weizenflugbrand gezielt bekämpfen. Empfohlene und zugelassene Pflanzenschutzmittel finden Sie für die Schweiz im BLW Pflanzenschutzmittelverzeichnis (Bundesamt für Landwirtschaft); für Deutschland in der online Datenbank des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und für Österreich im Pflanzenschutzmittelregister des BAES (Bundesamt für Ernährungssicherheit).
Literatur
Agrios GN, 1988. Plant Pathology Third Edition. Academic Press, San Diego
Bockus WW, Bowden RL, Hunger RM, Morrill WL, Murray TD, Smiley RW, 2010. Compendium of wheat Diseases and Pests. Third edition. The American Phytopathological Society, St. Paul Minnesota: 171 p
Häni FJ, Popow G, Reinhard H, Schwarz A, Voegeli U, 2008. Pflanzenschutz im nachhaltigen Ackerbau. Edition LMZ, 7. Auflage. 466 S.
Obst A, Paul V, 1993. Krankheiten und Schädlinge des Getreides. Verlag Th. Mann: 184 S.
Wilcoxson RD, Saari EE, eds. 1996. Bunt and Smut Diseases of Wheat: Concepts and Methods of Disease Management. Mexico, D.F.: CIMMYT.